Kreuzheben mit korrekter Technik – ein Leitfaden für Anfänger und Fortgeschrittene

4. April 2021

Kreuzheben wird gerne als „Mutter aller Übungen des Kraftsports“ bezeichnet und das zu recht. Schließlich ist der „Deadlift“, die englische Bezeichnung für Kreuzheben, eine der besten Übungen für Gesamtkraft, mehr Muskelmasse sowie eine Stärkung des passiven Bewegungsapparates (also der Knochen, Knorpel, Bänder und Gelenke).

Dennoch wird die Übung von vielen Trainierenden gemieden. Vermeintlich, weil sie zu schwer, zu gefährlich, oder zu kompliziert auszuführen sei. Tatsächlich ist eine korrekte Technik beim Kreuzheben sehr wichtig – wie bei allen anderen Übungen auch.

Tatsächlich ist das Verletzungsrisiko wegen des potentiell hohen Gewichts beim Kreuzheben höher als bei beispielsweise einem schlichten Bizepscurl. Auch ist die Ausführung natürlich komplizierter, da bei einem Bizepscurl auch nur ein Gelenk involviert ist und nur ein Muskel trainiert wird.

Korrekte Technik beim Kreuzheben als Ganzkörper- und Mehrgelenkübung lässt sich glücklicherweise aber dennoch sehr leicht erlernen, sodass einem gehörigen Kraft- und Muskelzuwachs nichts mehr im Wege stehen muss.

Warum Kreuzheben trainieren?

Bevor man mit etwas Neuem beginnt schadet es nie, die Frage nach dem Warum zu stellen. Warum? Weil eine gute Begründung bei der Durchführung hilft.

Die Antwort, warum man Kreuzheben in seinen Trainingsplan aufnehmen sollte lässt sich sehr unkompliziert geben: Kreuzheben ist eine der effektivsten Übungen um die Körperkraft zu erhöhen; eine sehr wichtige Metrik um den Gesundheitszustand und die Athletik eines Menschen zu beurteilen.

Kreuzheben ist eine der wenigen Ganzkörperübungen. Entsprechend führt regelmäßiges Ausüben zu mehr Muskelmasse am ganzen Körper.1

Außerdem trainiert es die Ischiocrurale Muskulatur also die rückseitigen Oberschenkelmuskeln (im Deutschen oft mit dem englischen Namen Hamstrings bezeichnet). Diese Muskeln und ihre Funktion sind elementar wichtig für alltägliche Bewegungen wie Gehen, Laufen, Springen und einige Bewegungen des Rumpfes. Bei vielen Sportarten mit plötzlichen Bewegungen, wie beispielsweise Fußball, sind sie oft Gegenstand von Verletzungen.

Eine gut trainierte rückseitige Oberschenkelmuskulatur schützt also nicht nur vor Verletzungen, sie ist auch für einen Großteil von Bewegungen im Alltag notwendig. Trotzdem wird sie im Fitnessstudio nicht häufig trainiert – ein weiterer guter Grund für regelmäßiges Kreuzheben.2

Ferner wirkt sich Kreuzheben positiv auf die Körperhaltung aus. Nicht nur verbringen die meisten Menschen heutzutage einen Großteil ihrer Zeit sitzend, was zu einer vorgebeugten Haltung führt. Außerdem legen selbst viele Trainierende einen viel zu großen Fokus auf die Körpervorderseite, was das Problem nur weiter verschärft.

Durch Stärkung der oft vernachlässigten Rückenmuskulatur ist Kreuzheben nicht nur in der Lage, die Schäden zu beheben, sondern dem ganzen Körper zu besserer Spannung und Haltung zu verhelfen.

Das Geheimnis für einen guten Deadlift liegt in der Hüftmobilität

Kreuzheben wegen seiner vermeintlich komplexen Ausführung wird häufig über-analysiert. Die Folge ist eine erst recht unsichere Ausführung. Es sollte nicht im Vordergrund stehen, ob man sich an jedes noch so kleine Detail in der Bewegung erinnert, von der man gehört hat, welchem Profi-Powerlifter oder -Bodybuilder es zu mehr Trainingsgewicht verholfen hat und man sich auch sklavisch dran hält.

Viel wichtiger ist es zunächst, die fundamentale Bewegung, auf die das Kreuzheben fußt, korrekt ausführen zu können. Anschließend, wenn diese Grundlage gelegt ist, kann man sich darum kümmern, das gehobene Gewicht weiter auszubauen.

Maßgeblich beim Kreuzheben ist die Hüfte. Den Oberkörper vorzubeugen, ausschließlich unter Einsatz der Hüfte ist ein fundamentaler Bewegungsablauf des Menschen und letztendlich nichts anderes als Kreuzheben ohne Zusatzgewicht. Es ist also leicht nachvollziehbar, dass man zunächst in der Lage sein sollte, diese Bewegung sicher auszuführen, bevor man überhaupt damit beginnt sie mit zusätzlichen Gewichten zu erschweren.

Eine gute Analogie für die richtige Hüftbeugung ist ein Gartenstuhl, der in der Mitte zusammengefaltet werden kann. Bei einem stabilen Gartenstuhl ist bei diesem Vorgang keine Bewegung in der Rückenlehne oder der Sitzfläche zu beobachten.

Die richtige Hüftbeugung funktioniert nach dem selben Prinzip: der Oberkörper bildet die Rückenlehne und die Beine die Sitzfläche des Gartenstuhls. Die Hüfte ist das einzige Gelenk, an dem „zusammengeklappt“ werden kann.

Sobald die Knie leicht gebeugt sind (wer hervorragend gedehnt ist, schafft es eventuell sogar mit durchgestreckten Beinen), bleiben Körperober- und Unterhälfte verhältnismäßig grade und ohne Bewegung – Bewegung kommt nur aus der Hüfte.

Eine bessere Hüftmobilität aufbauen

Eine gute Hüftbeugung mit gradem Oberkörper als Voraussetzung für die richtige Kreuzhebetechnik bedarf zunächst selbst einer stabilen Grundlage. Deswegen wird der Fokus zuerst auf die Füße und einen festen Stand gelegt.

Ein fester Stand ist – nicht nur, aber insbesondere beim Trainieren – wichtig, um zu verhindern dass man zu viel Gewicht nach vorne auf die Zehen, oder nach hinten auf die Hacken verlagert und letztendlich sogar das Gleichgewicht verliert. Sein Gewicht zentriert auf den Füßen zu halten hilft den ganzen Körper zu stabilisieren und somit auch die Hüftbeugung problemlos ausführen zu können.

Um einen stabilen Stand zu erreichen drückt man seine Zehen und seine Hacke „in“ den Boden – hierdurch baut sich das Fußgewölbe auf (besonders wichtig für Personen mit dem weit verbreiteten Senk-, Spreiz- und Knickfuß). Spannung in der Beinmuskulatur sorgt zusätzlich für Stabilität.

Mit dieser Ausgangsposition lässt sich jetzt gut die Hüftbeuge üben. Das größte Problem bei der Bewegungsausführung ist meistens, den Oberkörper wirklich gerade zu halten und nicht Richtung Boden zu krümmen.

Der Grund hierfür ist, dass man im Allgemeinen kein gutes Bewusstsein für den Unterschied zwischen Bewegungen der Hüfte oder des Rückgrats hat. Wer im Alltag etwas hebt beugt sich einfach nach unten und hebt es auf, ungeachtet woher die Beugebewegung eigentlich kommt (meistens aus dem Rückgrat).

Um das Bewusstsein hierfür zu schärfen und eine bessere Hüftmobilität zu erreichen bietet sich eine Übung an, die häufig im Yoga und in der Krankengymnastik, aber auch beim Mobilitätstraining im Boxsport verwendet wird.

Für diese im Englischen „Cat-Cow“ genannte Übung begibt man sich auf alle Viere und bewegt langsam seine Wirbelsäule vom maximalen Hohlkreuz zur maximalen Beugung. Dieses einfache Rückentraining mag zwar etwas merkwürdig anmuten, ist aber überraschend wertvoll wenn es darum geht, seine Kreuzhebeleistung durch bessere Hüftmobilität zu verbessern.

Wann Kreuzheben trainieren?

Kreuzheben, auch wenn es mit korrekter Form durchgeführt wird, ist eine nicht zu unterschätzende Belastung für den Körper. Sowohl das Zentralnerven- als auch das Bewegungssystem werden schnell erschöpft. Entsprechend wichtig ist es, dass der Körper noch möglichst ausgeruht ist, wenn man mit dem Kreuzheben beginnt, um Verletzungen zu vermeiden.

Zusätzlich ist ein ausgeruhtes Zentralnervensystem effizienter, da die neuen Übungsabläufe schneller und nachhaltiger gelernt werden. Bessere Haltung und größere Gewichtszuwächse sind die wünschenswerte Folge. Entsprechend sollte Kreuzheben direkt am Anfang einer Trainingseinheit durchgeführt werden, gleich nach dem Aufwärmen.

Eine Ausnahme wäre es natürlich, wenn man für einen Powerlifting-Wettkampf trainiert. Hier ist der Deadlift der letzte Teil des Wettkampfes, das heißt, dass man also bereits vorerschöpft ist und ein entsprechend angepasstes Training einen Vorteil bringen wird. Außerhalb dieser Ausnahme ist es aber nicht notwendig.

Wie viele Wiederholungen beim Kreuzheben?

Klassischerweise wird Kreuzheben mit wenigen Wiederholungen, also 3 bis 8, durchgeführt. Und das aus gutem Grund. Wie bereits angemerkt erschöpfen Zentralnervensystem und Bewegungsapparat sehr schnell. Nur eine Wiederholung, bei der die Erschöpfung bereits so groß ist, dass die Form leidet und die Wahrscheinlichkeit einer ärgerlichen Verletzung steigt dramatisch an.

Es bietet sich außerdem an, seine Einheit mit einigen Aufwärmsätzen mit geringem Gewicht zu beginnen, um ein Gefühl für die Übung zu bekommen. Der Kern der Kreuzhebeeinheit sollte dann aus 4 bis 5 Sätzen mit jeweils 3 bis 8 Wiederholungen bestehen.

Natürlich ist es auch möglich, Kreuzheben mit mehr als 8 Wiederholungen zu trainieren. Allerdings sollte das Trainingsgewicht dann auch in einem Bereich liegen, in dem eine gut Form gewährleistet ist. Denn auch mit verhältnismäßig geringem Gewicht ist es möglich, sich zu verletzen.

Wie richtig Kreuzheben trainieren?

Der wichtigste Faktor beim Kreuzheben ist definitiv nicht, wie viel Gewicht man in der Lage ist durch Raum und Zeit zu bewegen, sondern die korrekte Haltung, über die gesamte Übungsausführung hinweg.

Wer immer mit korrekter Form trainiert, reduziert seine Verletzungswahrscheinlichkeit quasi auf Null. Denn Verletzungen entstehen letztlich nur aus Missachtung der Form, bzw. einem Nachlassen der Form aufgrund von zu hoch gewähltem Trainingsgewicht.

Korrekte Form verteilt die Belastung des Körpers durch das Trainingsgewicht gleichmäßig und verhindert, dass beispielsweise der untere Rücken übermäßig stark beansprucht wird. Nicht nur werden dadurch Verletzungen abgewendet, auch die Trainingsleistung ist dadurch höher: die richtigen Muskeln sind im richtigen Moment darin involviert, die Hantel vom Boden bis zum Endpunkt zu bewegen.

Beim Kreuzheben sieht die richtige Form folgendermaßen aus: die Füße haben einen etwa hüftbreiten Stand, die Hände greifen die Stange etwa schulterbreit. Der Rücken muss während der gesamten Übungsausführung gerade sein, also kein starkes Hohlkreuz und auf keinen Fall einen Buckel machen. Die Hantel bleibt während des ganzen Weges in Kontakt mit den Beinen (auf ausreichend geschützte Schienbeine achten!).

Über die Hüfte wird der Rücken und gleichzeitig werden durch die Knie die Beine aufgerichtet. Das Gewicht wird also nicht von den Armen angehoben, sondern viel mehr wie an einem Kran der Oberkörper mittels der Hüftbewegung aufgerichtet und dadurch die Arme mit der daran hängenden Hantel nach oben gezogen.3

Die Aufwärtsbewegung ist beendet, wenn der Rücken vollständig aufgerichtet und die Knie nicht mehr gebeugt sind. Ein übertriebenes Zurückwerfen des Oberkörpers sollte vermieden werden, ebenso wie ein Ablegen der Hantel auf den Oberschenkeln.

Die Abwärtsbewegung ist logischerweise die Umkehr der Aufwärtsbewegung und ist erst abgeschlossen, sobald das Gewicht den Boden berührt. Da Kreuzheben keine Gewichthebeeinheit ist, sollte man darüber hinaus nicht versuchen, die Hantel unter Zuhilfenahme von Schwung anzuheben. Langsame und kontrollierte Bewegung ist nicht nur wesentlich sicherer, sondern auch die einzig sinnvolle Wahl wenn man auch einen langfristigen Trainingseffekt erzielen will.

Kreuzgriff oder pronierter Griff?

Namensgebend für das Kreuzheben ist der Kreuzgriff, also dass beim Umgreifen der Hantelstange eine Handfläche zum Körper hin, die andere Handfläche vom Körper weg zeigt. Dieser Griff ist sinnvoll, um ein Wegrollen der Stange aus den Händen zu verhindern.

Im Interesse der Griffkraftentwicklung ist es aber empfehlenswert, zumindest leichtere Gewichte mit dem normalen, pronierten Griff, also beide Handflächen zeigen zum Körper, zu heben. Im Zuge dessen sollte man auch auf Zughilfen verzichten, da diese zwar zu einer besseren Kreuzhebeleistung führen mögen, allerdings die Gelegenheit nehmen, die Griffkraft zu verbessern.

Wann das Gewicht erhöhen?

Kreuzheben sollte für den optimalen Trainingseffekt mit einem ausreichend hohen, aber selbstverständlich nicht zu hohen Gewicht durchgeführt werden. Wann ist das Trainingsgewicht zu hoch? Die Antwort hierauf ist simpel: das gewählte Gewicht ist dann zu hoch, wenn die Ausführung der Bewegung nicht zu jedem Zeitpunkt absolut sauber ist. Wenn der Rücken gerundet wird, oder Hüft- und Kniebewegung zeitlich nicht zusammenspielen, liegt dies höchstwahrscheinlich an einer zu schwer beladenen Hantelstange (oder an zu vielen Wiederholungen mit dem selben Gewicht).

Eine sichere Methode, kein zu hohes Gewicht zu wählen, aber dennoch sich laufend zu verbessern, ist jede Woche die Last geringfügig zu steigern, beispielsweise um 2,5-5 Kg. Das sind beim Kreuzheben nicht viel, kann aber dennoch einen spürbaren Unterschied machen. Sollte sich herausstellen, dass man für diese Steigerung noch nicht bereit ist, verschiebt man die Steigerung einfach auf die nächste oder übernächste Kreuzhebeinheit.

Welche Übungen mit Kreuzheben kombinieren?

Da Kreuzheben eine erhebliche Belastung für den gesamten Körper darstellt, ist es keine gute Idee, es in Verbindung mit einer weiteren schweren Übung, beispielsweise Kniebeugen, zu trainieren. Stattdessen sollte man Kombinationen wählen, die die Kreuzhebeleistung unterstützen, indem sie diejenigen Muskeln stärken, die beim Kreuzheben unterstützend wirken.

Gute Kombinationsübungen wären beispielsweise Rack-Pulls, Beincurls oder Klimmzüge.

Fazit

Kreuzheben ist nicht nur irgendeine Übung, die man trainieren könnte, sondern die kraftaufbauende und figurfördernde Übung schlechthin. Jedem, dem Aufbau von Kraft und einer guten Haltung, sowie von Muskelmasse allgemein wichtig ist und eigentlich auch jeder andere sollte sie auf jeden Fall regelmäßig trainieren.

Wer eine gute Hüftmobilität sicherstellt und den Hinweisen in diesem Artikel folgt, wird so bald auch nicht mehr damit aufhören wollen.

  1. Farley, K. (1995). Analysis of the conventional deadlift. Strength & Conditioning Journal, 17(6), 55-57.
  2. Wright, G. A., Delong, T. H., & Gehlsen, G. (1999). Electromyographic activity of the hamstrings during performance of the leg curl, stiff-leg deadlift, and back squat movements. The Journal of Strength & Conditioning Research,13(2), 168-174.
  3. Sports Performance Series: Analysis of the deadlift. Gotshalk, Linc Strength and Fitness Coach. National Strength & Conditioning Association Journal: December 1984 - Volume 6 - Issue 6 - ppg 4-9.